3D Druck – Erste Hilfe: Materialverwerfung

Wenn du größere Modelle druckst, wirst du möglicherweise bald mit dem Problem der Materialverwerfung konfrontiert werden. Dabei wirst du feststellen, dass sich die untersten Schichten deines Drucks nach einiger Zeit beginnen von der Druckplatte zu lösen und zu verformen.

Zu Materialverwerfungen kommt es durch Spannungen, welche durch unterschiedliche Temperaturbereiche in den verschiedenen Schichten ausgelöst werden. Materialverwerfungen (engl. warping) treten hauptsächlich bei Materialien auf, welche mit hoher Temperatur gedruckt werden, wie z.B. ABS. Dieses Problem ist in den meisten Fällen auf eine unzulässige Kühlung oder eine schlechte Druckbetthaftung deines Druckobjekts zurückzuführen.

Es gibt einige Ansätze wie du dieses Problem in den Griff bekommst. Nichtsdestotrotz zählen Materialverwerfungen zu den hartnäckigeren Problemen beim 3D Druck.

Welche Ursachen hat Materialverwerfung?

Wie bereits zuvor erwähnt, werden Materialverwerfungen von Spannungen verursacht, die durch unterschiedliche Temperaturbereiche in den verschiedenen Schichten des Ausdrucks entstehen. Das gedruckte Material kühlt während des Ausdrucks aus und schrumpft. ABS wird mit einer Temperatur von ca. 230°C gedruckt und verliert beim Auskühlen auf Raumtemperatur bis zu 1,5% seiner Größe. Das können je nach Größe deines Modells bis zu einem Millimeter oder mehr sein.

Wenn du nun mehrere Schichten übereinander druckst, kühlen diese Schichten unterschiedlich schnell aus. Über mehrere Schichten hinweg kann es passieren, dass sich dein Druckobjekt an manchen Stellen, meist den Kanten, zu krümmen bzw. zu verwerfen beginnt und sich von der Druckplatte löst.

Materialverwerfungen, das sogenannte Warping, ist in vielen Fällen auf folgende Probleme zurückzuführen:

  • Probleme mit dem ersten Layer
  • unzulässige Kühlung des Druckobjekts
  • mangelnde Druckbetthaftung
  • fehlendes Gehäuse des Druckers

Wie vermeidest du Materialverwerfung?

Sicherstellen eines soliden ersten Layers

Das wichtigste Element eines erfolgreichen Drucks ist ein solider erster Layer. Stimmen die Einstellungen für den ersten Layer nicht oder wird die Haftung des ersten Layers durch Schmutz oder ähnliches auf der Druckplatte negativ beeinflusst, ist ein erfolgreicher größerer Ausdruck sehr unwahrscheinlich. Noch viel unwahrscheinlicher, wenn Materialien mit hohen Temperaturen gedruckt werden.

Im Artikel über schlechte Haftung des ersten Layers auf dem Druckbett findest du zahlreiche Lösungsansätze, um einen sauberen soliden ersten Layer zu drucken. Du könntest z Lies bitte den entsprechenden Artikel über Haftungsprobleme des ersten Layers und befolge die dort angegebenen Lösungsansätze.

Wenn du alle Maßnahmen für einen guten ersten Layer getroffen hast, kannst du bei Materialverwerfungen versuchen, die Werte für die beiden folgenden Einstellungen geringfügig zu erhöhen:

  • First Layer (Extrusion) Width
  • First Layer (Extrusion) Height

Wichtig ist, dass du hier ausschließlich die Einstellungen für den ersten Layer änderst. Mit dem Erhöhen dieser Einstellungen, druckst du geringfügig mehr Material auf das Druckbett und verleihst dem Druckobjekt damit um einen Tick mehr Haftung.

Aber Vorsicht, stellst du diese Einstellungen zu hoch, kannst du schnell mit dem Problem des sogenannten Elefantenfusses konfrontiert werden.

Verwenden eines beheizten Druckbetts

Auch wenn es nicht bei allen Materialien notwendig ist, ist es durchaus ratsam ein beheiztes Druckbett zu verwenden. Der Einsatz eines beheizten Druckbetts kann, vor allem beim Druck mit ABS, den Effekt der Materialschrumpfung während des Drucks signifikant reduzieren.

MaterialTemperatur des beheizten Druckbetts
PLA55 – 60°C (beheiztes Druckbett nicht unbedingt notwendig)
ABS100 – 120°C
PET-G70 – 80°C
Gängige Temperaturen für beheizte Druckbetten

Bitte beachte, dass es je nach Material und Hersteller Abweichungen zu den oben genannten Temperaturen geben kann.

Sofern du eine Dauerdruckplatte verwendest, beachte immer die Angaben des jeweiligen Herstellers. Eine zu hohe Temperatur kann deine Dauerdruckplatte dauerhaft beschädigen.

Verwenden einer Dauerdruckplatte

Der Einsatz einer Dauerdruckplatte kann dazu beitragen, dass die erste Schicht, trotz temperaturbedingter Spannungen, besser oder länger haftet und du deinen Druck erfolgreich abschließen kannst.

Generell ist es empfehlenswert eine Dauerdruckplatte zu verwenden. Hier stehen dir je nach gedrucktem Material folgende Möglichkeiten zur Auswahl:

MaterialDauerdruckplatte
PLABuildTak
ABSBorosilikatglas
PET-GPEI
Bevorzugte Dauerdruckplatte je Material

Diese Angaben sollen nicht so verstanden werden, dass du diese eine Dauerdruckplatte ausschließlich nur für dieses eine Material verwenden kannst. Du erzielst jedoch in dieser Kombination mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit die besten Ergebnisse.

Kühlung des Druckobjekts vermindern oder vollständig deaktivieren

Eine zu hohe Kühlung des Druckobjekts kann dazu führen, dass das frisch extrudierte Material zu früh auskühlt. Dieses Material kann dann nicht mehr ausreichend mit der zuvor gedruckten Schicht verschmelzen. Zusätzlich wird nicht nur die Temperatur des gerade gedruckten Materials gekühlt, sondern auch die Temperatur der bereits gedruckten Schichten. Dies kann je nach Material zu noch größeren Spannungen führen, als dies ohnedies bereits der Fall ist.

Generell gilt, dass die Kühlung des Druckobjekts für den ersten Layer unabhängig vom Material deaktivert werden sollte. Es ist wichtig, dass der erste Layer gut auf dem Druckbett haftet. Ist die Kühlung aktiviert, kann das die Haftung auf dem Druckbett negativ beeinflussen.

Beim Druck mit ABS sollte die Kühlung des Druckobjekts ohnehin stets deaktiviert sein, da ABS ohnehin sehr leicht zu Materialverwerfungen neigt. Eine aktive Kühlung begünstigt diesen Effekt und eine Materialverwerfung ist nahezu unumgänglich.

Deaktiviere die Kühlung des Druckobjekts für den ersten Layer bzw. generell sofern du ABS druckst.

Verwenden eines Gehäuses

Mit einem beheizten Druckbett kannst du den Spannungen im unteren Bereich deines Ausdrucks entgegenwirken. Wenn du jedoch größere und höhere Objekte druckst, bilden sich diese Spannungen vermehrt in den oberen Schichten. Auch hier können die Spannungen wegen des Temperaturunterschieds so hoch werden, dass es zu Verwerfungen bei deinem Druckobjekt kommt.

Des Weiteren reagieren manche Materialien bei Temperaturschwankungen oder Zugluft vermehrt zu Warping. Auch hier sind es wieder vor allem jene Materialien, die mit hoher Temperatur gedruckt werden, wie z.B. ABS.

Diese Materialien druckst du am besten in einem Drucker mit geschlossenem Gehäuse. Durch das beheizte Druckbett und die heiße Düse ist die Temperatur im Gehäuse weitestgehend stabil und der Effekt von Materialverwerfungen kann drastisch vermindert werden.

Wenn dein Drucker über kein Gehäuse verfügt, google einfach mal nach möglichen Upgrade-Kits oder DIY-Anleitungen wie du dir für deinen Drucker ein Gehäuse bauen kannst.

Einen Brim drucken

Wenn du alle oben angeführten Lösungsansätze versucht hast, aber das Warping noch immer nicht in den Griff bekommen hast, dann kannst du noch zur Möglichkeit des Drucks eines sogenannten Brims greifen.

Ein Brim wird an den Kanten deines Druckobjekts gedruckt, da diese am anfälligsten für Materialverwerfungen sind. Damit erhöhst du die Haftungsfläche deines Objekts auf dem Druckbett. Diese Brims sind meist nur wenige Schichten hoch, um keine zusätzlichen Möglichkeiten zur Verwerfung durch temperaturbedingte Spannungen zu bieten.

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